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Erwin von Baelz (1848-1913) war ein deutscher Arzt und gilt zusammen mit dem ebenfalls aus Deutschland stammenden Chirurgen Julius Scriba (1848-1905) als Mitbegründer der modernen Medizin in Japan. Als sogenannter Kontraktausländer (japanisch „o-yatoi gaikokujin„) kam Baelz 1876 nach Japan. Neben seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor arbeite er in Japan als Leibarzt der kaiserlichen Familie, Anthropologe und Forscher. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Baelz seinerzeit ein wichtiger Fürsprecher und Förderer der traditionellen Kampfkünste in Japan war. Dem geht jetzt der in Japan lebende Sportwissenschaftler und Japanologe Heiko Bittmann in seiner Arbeit „Erwin von Baelz und die körperlichen Übungen. Leibeserziehung und traditionelle Kampfkünste im Japan der Meiji-Zeit“ nach. Das 2010 veröffentlichte Buch hat acht Kapitel, ist zweisprachig (Deutsch und Japanisch) und im Verlag Heiko Bittmann erhältlich. Die Übersetzung und die Analyse der zahlreichen Primär- und Sekundärquellen wird durch historische sowie zeitgenössische Bilder ergänzt.

Mit seiner Arbeit beabsichtigt Bittmann einen „möglichst umfassen Einblick in die Ansichten, Analysen und Empfehlungen von Baelz zur Leibeserziehung … sowie zu den traditionellen Kampfkünsten Japans …, wie er bislang … nicht vorliegt.“ (S.11). Ferner geht es ihm darum, die Frage zu beantworten, welchen „Einfluss Baelz auf die Leibeserziehung und insbesondere auf die traditionellen Kampfkünste Japans ausübte“ (S.11). Für das Buch werden erstmals bislang in Deutschland unveröffentlichte Tagebücher aus der Zeit nach 1905 sowie weitere Manuskripte in die Untersuchung einbezogen, die in der bisherigen Baelz-Forschung unerwähnt blieben. Mit seinen Ausführungen legt Bittmann eindrucksvoll dar, dass Baelz „immer wieder auf die Notwendigkeit der körperlichen Übungen als Mittel zur Stärkung und Gesunderhaltung des Körpers … hinweist“ (S.129). In diesem Zusammenhang hätte Baelz „sich fortgesetzt für das Ausüben von traditionellen Kampfkünsten wie kenjutsu und jujutsu“ ausgesprochen (S.130).

Fazit: Die Arbeit von Bittmann ist ein einzigartiger und vor allem wertvoller Beitrag, der nicht nur das Leben und Wirken von Erwin von Baelz, seinen Einfluss auf die japanischen Kampfkünste sondern auch die Situation der japanischen Kampfkünste am Ende des 19. Jahrhunderts beschreibt.

Heiko Bittmann ist aktiver Budoka (Iaido, Karate, Jodo) und schreibt seit mehreren Jahren über japanische Kultur und insbesondere die japanischen Kampfkünste. Er ist einer der wenigen Autoren, der bei seiner hoplologischen Forschung auch auf japanischsprachige Arbeiten zurückgreift.. Bereits seine 1999 publizierte Dissertation „Karatedo – Meister der vier großen Schulrichtungen und ihre Lehre. Biographien – Lehrschriften – Rezeption“ ist eine hervorragende, wissenschaftlich fundierte Arbeit der hoplologischen Forschung.